Unterricht aus Vor-Corona-Zeiten: Mal anders, aber ganz entspannt

29. Mai 2020

Wie sieht Wut aus? Welches Limba-Kind ist heute am stärksten? Was erzählen Rüdiger und Rita Brainie über mein Gehirn? Das sind Fragen, mit denen sich die Klasse 5D seit dem Schulbeginn an der PGS bis zur Schulschließung beschäftigt hat.

Das Konzept der beiden durchführenden Lehrerinnen Andrea Maiwald und Wibke Gatsios beruht auf dem Programm AISCHU (Achtsamkeit in der Schule) von Vera Kaltwasser. Dieses Konzept sieht konkrete Umsetzungswege für den schulischen Unterricht vor. Es wurde mit zwei Studien - geleitet von Prof. Dr. Kohls – beforscht, ist praxiserprobt und wurde durch Lehrerfortbildungen vermittelt. Es befähigt die Schüler*innen in altersgerechter Weise, sich selbst anzunehmen und zu bestimmen: kontinuierliche Selbstwahrnehmungsübungen, Psychoedukation, Erfahrungsaustausch und interaktive Dialogübungen befähigen die Schüler*innen, ihre Emotionen zu regulieren, ihre Aufmerksamkeit zu steuern und sich im sozialen Miteinander bewusst zu verhalten. Teil des Curriculums AISCHU ist auch die Befähigung zur bewussten Nutzung der elektronischen Medien.

Einmal in der Woche traf sich die Klasse im Raum der Stille für Achtsamkeitstraining. Schon das Ankommen in diesem Raum war etwas Besonderes.

Der Flur ist eine Stille-Schleuse. Dort werden Schuhe ausgezogen und erst dann darf man leise in den Raum schleichen, oft sich erstmal hinlegen, oft still im Kreis zusammenkommen. Ein Warm-Up stimmt auf das Thema der Woche ein. Es ist erstaunlich zu sehen, wie aufgedrehte zappelige Kinder nach und nach zur Ruhe kommen, den Blick nach innen richten und ganz loslassen können. Natürlich funktioniert das nicht immer und nicht bei jedem. Kichern oder am Boden zappeln, die richtige Liegeposition suchen, gehören eben auch dazu. Wer kann schon auf Knopfdruck entspannen? Gezielte Körperübungen schaffen da Abhilfe.

Die Limba-Kinder

Beim Achtsamkeitstraining geht es aber nicht nur um die Entspannung, sondern auch um die Selbstwahrnehmung. Forscher-Aufgaben helfen, den eigenen Geist zu entdecken, wahrzunehmen und verstehen zu lernen. Die Geschichten von Rita und Rüdiger Brainie erklären unterhaltsam komplexe Vorgänge in Gehirn und Psyche. Selbstgestaltete Bilder der Kinder von den sogenannten Limba-Kinder Angsti, Haui, Lusti, Miesi und Freudi machen die Gefühle und ihre Stärke sichtbar. So wird nicht nur die Selbstwahrnehmung geschärft, sondern auch die Sicht auf die Mitschüler*innen. Übungen zur Gestik, Mimik und Körperhaltungen machen sensibel für die Gefühle anderer. Gespräche, Reflexionen und Reaktionen schaffen eine Beziehungsebene, die über das reine Lernen weit hinaus geht und unverzichtbar für eine vertrauensvolle Umgebung ist.

Das Achtsamkeitstraining ist zu einem Fixpunkt in der Woche geworden, auf den keiner mehr verzichten möchte, sowohl Schüler*innen als auch Lehrer*innen. Auch darauf freuen sich alle, wenn die Schule auch für die 5.Klässler wieder geöffnet wird.

Schüler*innen-Stimmen:

 

»Mir gefällt das Achtsamkeits-Training gut. Mir machen die Entspannungsübungen sehr viel Spaß und beruhigen mich!«

 

»Es ist so schön still, niemand ruft „Los, beeil dich!“«

 

»Es ist schön, in der Schule mal entspannen zu können und nicht von Raum zu Raum rennen zu müssen.«

 

»Ich finde, dass das Achtsamkeitstraining eine sehr gute Methode ist vom normalen Schulalltag befreit zu werden. Gut daran gefällt mir, dass man dort viele Übungen macht, um zu lernen auf etwas zu achten und sich manchmal auch einfach nur zu entspannen. Die meiste Zeit steht oder liegt man und das finde ich gut, weil man im Unterricht eigentlich (außer in Sport) nur sitzt. Deswegen finde ich es gut so etwas in der Schule zu machen.«

 

Text und Bilder: Andrea Maiwald & Wibke Gatsios

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