Der Suchtfaktor ist sehr hoch

08. Februar 2019

Aktionen zum Safer Internet Day an der Paul-Gerhardt-Schule | Medienabhängigkeit und Online-Spiele

 

 


DASSEL. »Call of Duty«, »Fifa«, »Die Sims« oder auch »Fortnite« - das sind zurzeit angesagte Computerspiele. Vorgestellt wurden sie jetzt von den Medienscouts der Paul-Gerhardt-I Schule, die sich erstmals mit einigen Aktionen am Safer Internet Day - 5. Februar - beteiligte. Ziel ist es, sich als Schule durch unterschiedliche Herangehensweisen für Online-Sicherheit und ein besseres Internet für Kinder und Jugendliche zu engagieren, erklärten die Schulsozialpädagogen Doris Garbelmann und Sabrina Wende-Schmidt. Bei einem Elternabend, an dem Koordinator Martin Spiegel zahlreiche Erziehungsberechtigte begrüßen konnte, wurden mit dem Lukas-Werk Schneisen durch den Mediendschungel geschlagen.
Die Paul-Gerhardt-Schule Dassel kooperiert mit dem Lukas-Werk bei der Durchführung von Präventionsveranstaltungen. Stefan Jagonak und Stefanie Seydewitz vom Lukas-Werk gingen beim Elternabend der Frage nach »Mission Mediendschungel- Mission impossible?«  Mediennutzung und -konsum haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Die digitalen Medien prägen das heutige Leben und bringen viele neue Möglichkeiten mit sich. Für Kinder, Jugendliche, aber auch für Erwachsene ist es daher wichtig, den richtigen Umgang mit Internet, Handy und Co. zu erlernen, um die vielen Vorteile nutzen zu können, aber auch die Gefahren zu erkennen. Der Umgang mit neuen technischen Möglichkeiten ist auf Grund seiner Schnelllebigkeit ins besondere zwischen Eltern-und Kindergeneration ein schwer zu fassendes Phänomen. Oftmals gibt es deshalb Auseinandersetzungen - das wurde deutlich beim Elternabend. Eltern sind häufig verunsichert, ob die Art und der Umfang des Umgangs ihrer Kinder mit Smartphone, Tablet oder Laptop Anlass zur Sorge geben muss oder nicht. Schnell ist dabei auch von Medienabhängigkeit und Suchtverhalten die Rede.
Und so »levelten« sich Seydewitz und Jagonak durch das Thema, nannten Ursachen und Motive der Medienabhängigkeit. Erst seit Mitte des vergangenen Jahres ist »Gaming Disorder«  als Krankheitsbild anerkannt. Es handelt sich um eine Verhaltenssucht, die das exzessive Computer- oder Video-Spielen beinhaltet. Der exzessive Gebrauch von PC, Internet, Handy, Fernsehen kann isoliert, aber auch in Mischformen auftreten. Es gibt Gaming (exzessives Spielen), Chatting in sozialen Netzwerken oder zielloses Surfing. Das sogenannte »Suchtdreieck « setzt die Person mit ihren Charaktereigenschaften, Konfliktfähigkeit und Frustrationstoleranz in Beziehung zum Suchtverhalten samt Wirkung, Zugänglichkeit und zur Umwelt mit dem sozialen Umfeld, Familien und Freunden.
Merkmal einer Medienabhängigkeit ist der nicht zweckgerichtete Konsum mit Auswirkungen auf das Sozialleben: Das reale Leben verliert an Attraktivität, es gibt Kontrollverlust, Entzugserscheinungen und eine Toleranzentwicklung, die Aktivitäten werden trotz negativer Konsequenzen fortgesetzt. Der Betroffene muss ein neues Verhältnis zu dem Verhalten entwickeln, wobei die totale Abstinenz nicht das Ziel ist. Jagonak und Seydewitz hoben heraus, dass der falsche Umgang mit Medien sich nicht nur auf den Zeitfaktor bezieht.
Es ergibt sich ein Teufelskreis: Stress soll mit Computer-Spielen abgebaut werden, im Spiel wirkt die Erfahrung belohnend, das Verhalten wird verstärkt, doch die Stress-Auslöser bestehen nach wie vor, Nun wird das Computerspielen zusätzlich zum Konfliktherd.
Das intensive Eintauchen in virtuelle Welten führt zu einem berauschenden Gefühl, Familie, soziale Kontakte, Termine und Pflichten werden vernachlässigt, es droht der Verlust der Tagesstruktur. Es entwickelt sich ein zwanghafter Wille, den PC zu nutzen, gleichzeitig wird der Konsum verharmlost oder gar geleugnet.
Die Mediensucht hat psychische, physische und soziale Folgen wie ein Gefühl der Hilflosigkeit, Phobien, Über- oder Untergewicht, Schlafstörungen, Vereinsamung, Antriebslosigkeit und den Verlust von Alltagskompetenzen. Nicht zuletzt kann auch die wirtschaftliche Existenz bedroht sein.
In der Theorie durchs Lukas-Werk geschult, interessierten sich die Eltern fürs Praktische: Die Medienscouts der Paul- Gerhardt-Schule präsentierten vier Online-Spiele - darunter das zurzeit angesagte »Fortnite«, das über 100 Millionen Downloads hat. Es spielen dort zwei Millionen Spieler zur selben Zeit. In der »epischen Schlacht« geht es darum, sich gegen fast 100 andere online-Spieler zu behaupten. Der Suchtfaktor sei sehr hoch, urteilten die Medienscouts.
Auch die Sportsimulation »Fifa«, das meistverkaufte PC-Spiel »Die Sims« und das Ego-Shooter-Spiel »Call of Duty«  präsentierten die Medienscouts und bewerteten sie. sts.

Einbecker Morgenpost vom 9./10. Februar 2019

Fotos: Stöckemann