Politisches Engagement beginnt im Banalen

30. März 2019

DASSEL. Seit 2007 gibt es den EU-Projekttag an Schulen, dann gehen deutschlandweit Politiker in Schulen und diskutieren mit Schülern über Europa. Die Dasseler Paul-Gerhardt- schule hatte diesmal einen »Ehemaligen« zu Gast: Konstantin Kuhle, der in Lüthorst und Eilensen aufgewachsen ist, hat an der PGS 2008 das Abitur abgelegt. Jetzt kehrte er als FDP- Bundestagsabgeordneter zurück. Im Rahmen des EU-Projekttags war die PGS seine fünfte Schule, wie er feststellte, der Besuch sei jedoch »besonders emotional«. Viele Lehrer traf er wieder. Besonders aber widmete er sich den Schülern, die dem Berufs-Politiker und Juristen viele Fragen stellten. Kuhle stellte sich als »überzeugter Europäer« dar, kritisierte aber zugleich die »Entkoppelung zwischen nationaler und europäischer Ebene«. Manfred Weber für die CDU, Frans Timmermanns für die SPD, Ska Keller für die Grünen und Margrethe Vestager für die FDP - kaum einer kenne die europäischen Spitzenkandidaten, räumte Kuhle ein. Der 30-Jährige wünschte sich mehr Aufmerksamkeit für Europa und die Europawahl am 26. Mai. Der Liberale, der im Innen- und im Europaausschuss des Bundestages mitarbeitet, bezog zudem Stellung zu anderen Themen: Am Urheberrecht hätten Künstler ein »berechtigtes Interesse« räumte Kuhle ein, der derzeitige Urheberrechtsrahmen passe allerdings nicht mehr. Uploadfiltern und Overblocking erteilte Kuhle eine Absage. Auch Pauschallizenzmodelle würden seiner Meinung nach nicht funktionieren. »facebook ist ein Saftladen,«, meinte Kuhle, der weder die Daten der User schütze noch seiner MarktsteIlung gerecht werde. Der Liberale favorisiert ein europaweites Urheberrecht. Thema war natürlich auch der Brexit, der zurzeit ein Drittel der Arbeit der Politiker im Europaausschuss binde, berichtete der Liberale. »Ein harter Brexit ist extrem gefährlich, ein weicher ebenfalls katastrophal.« Kuhle fragte sich allerdings, warum ein Parlament dreimal abstimmen, das Volk aber nicht ein zweites mal zum Referendum gebeten werden könne. Gut hieß der FDP- Politiker mit Blick auf »Fridays for future«, wenn sich Menschen für ein Thema einsetzen und von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch machen. Dann müsse man sie aber auch als Erwachsene behandeln, die die entsprechenden Konsequenzen zu tragen hätten. Neben der Rentenpolitik beleuchtete Kuhle zudem seinen persönlichen Werdegang. Politisches Engagement beginne mit banalen Dingen, stellte er fest, beispielsweise im Gebrauch des Wahlrechts. Er selbst habe Respekt von Leistung, Vielfalt und Privatsphäre - und damit habe er sich in der FDP wiedergefunden. Moderiert wurde die Veranstaltung von Lehrer Martin Spiegel, die Begrüßung des Gastes übernahm die stellvertretende Schulleiterin Monika Fahrenbach.

Einbecker Morgenpost vom 30./31. März 2019

Foto: Stöckemann